Typ hält sich Zitronen vor die Augen

Glykämischer Index

Glücklich mit dem Glyx?

Glyxdiäten, Glyxtabellen, Glyxrezepte: die Buchhandlungen und Zeitschriften sind voll davon. Was bedeutet dieser Glyx eigentlich, woher kommt der Begriff und ist er wirklich die neue Geheimwaffe gegen Krankheit und Übergewicht?

Mit Glyx ist der Glykämische Index gemeint, der wissenschaftlich als GI abgekürzt wird. Entwickelt wurde er in der Diabetesforschung mit dem Ziel, kohlenhydrathaltige Lebensmittel mit ihren für Diabetiker ungünstigen Auswirkungen auf den Blutzuckerspiegel bewertbar zu machen.

Dafür wird die Blutzuckerkurve über zwei Stunden lang nach dem Verzehr eines bestimmten Lebensmittels beobachtet. Je schneller und höher der Blutzucker nun steigt, desto höher ist der GI des Lebensmittels. Um den hohen Blutzucker schnell wieder zu senken, schüttet der Körper große Mengen des Hormons Insulin aus. Und das hat ungünstige Nebeneffekte – und zwar nicht nur für Diabetiker: Durch das schnelle Rauf und wieder Runter des Blutzuckerspiegels entsteht schnell neuer Hunger.

Die Gefahr, am Ende zu viele Kalorien gegessen zu haben, ist groß. Zweiter Minuspunkt: Insulin ist auch für die Fettspeicherung zuständig. Wer also häufig Lebensmittel mit hohem GI zu sich nimmt, behindert durch den ständig überhöhten Insulinspiegel den Abbau der bereits angelegten Fettpölsterchen und fördert sogar gleichzeitig ihre Auffüllung. Langfristig besteht, vor allem in Kombination mit geringer körperlicher Bewegung, die Gefahr, dass das Insulin an Wirksamkeit verliert, was als Vorstufe zum Diabetes gilt.

Viel Anlass zur Kritik


Einen hohen GI haben Zucker, die meisten Süßigkeiten, Limonaden und Weißbrot, aber auch Lebensmittel, die bisher unter anderem wegen ihres niedrigen Fettgehaltes eher auf der „guten“ Seite standen, wie Kartoffeln und Reis.

Gerade das Beispiel Reis ruft die Kritiker des GI-Systems auf den Plan. Denn hier ist die Datenlage besonders widersprüchlich: Reis kann sowohl der Gruppe mit hohem, mittleren und niedrigem GI zugeordnet werden – unabhängig davon, ob er weiß, Langkorn, parboiled oder natur ist. Ähnlich konfus geht es bei anderen Lebensmitteln zu.

Hinzu kommt, dass die Kombination mit anderen Lebensmitteln den GI stark verändern kann.

So hat eine Mahlzeit aus purem Weißbrot einen mittleren GI von 70, aus Weißbrot mit Butter, Käse und Gurke belegt aber nur noch einen Wert von 55 (mittlerer GI) und mit Butter, saurer Gurke und einem Jogurt verzehrt sogar nur noch von 39 (niedriger GI).

Bemängelt wird auch, dass die Tests mit eher unüblichen Portionsgrößen durchgeführt werden, bei Karotten zum Beispiel mit drei Pfund. Wegen des normalerweise deutlich geringeren Verzehrs würde ein hoher GI unter Umständen vielleicht gar nicht ins Gewicht fallen.

Entsprechend kursiert momentan in Fachkreisen schon der Vorschlag für eine andere Einheit: die glykämische Last (GL). Dabei wird der GI des Lebensmittels mit der verzehrten Kohlenhydratmenge pro Portion multipliziert. Erste Studien zeigen einen stärkeren Zusammenhang zwischen dem Diabetes- beziehungsweise Herzinfarktrisiko und der GL der gesamten Ernährung als mit dem GI der verzehrten Speisen.

Der Glyx im Alltag


Bleibt festzuhalten, dass auch in Expertenkreisen über den Glyx als Beurteilungskriterium für eine gesunde Ernährung noch Klärungsbedarf besteht.

Tatsache ist, dass der GI vieler Lebensmittel im Moment praktisch nicht genau zu benennen ist. Zwar weiß man, dass Ballaststoffe, Fett, Protein und ein hoher Fructoseanteil an den Kohlenhydraten eher zu einem niedrigeren GI führen und der GI mit der Zucker- und Glucosemenge steigt. Diese Faustregeln haben aber zu viele Ausnahmen, als dass sich daraus zuverlässig Ernährungstipps ableiten ließen.

Da auch die Zubereitung (roh oder gekocht), die Verarbeitung (am Stück, geschnitten oder gemahlen) und die Kombination mit anderen Zutaten den GI erheblich beeinflussen, müssen im Grunde alle möglichen Verzehrsvariationen eines Lebensmittels gemessen werden. Eine komplizierte Sache.

Was bedeutet das alles für die eigene Ernährung?


Für ein akribisches Zusammenstellen der eigenen Ernährung nach dem GI oder auch der GL ist es wohl noch zu früh. Sich um seine Ernährung gar nicht zu kümmern, weil sowieso jeder etwas anderes sagt, ist aber auch die falsche Grundeinstellung. Denn eines bestätigten fast alle Experten: Limo und Eistee, Kuchen, Teilchen, Kekse, Burger, Pommes und Co. tun unserem Körper nicht gut. Und das ist nichts Neues. Auch ohne GI ist die Liste ihrer Minuspunkte mit den Stichworten leere Kalorienträger, hohe Energiedichte und teilweise hoher Fettgehalt lang.

Fazit: Wer den Verzehr vor allem an süßen Snacks und Getränken sowie allgemein an Fast Food deutlich reduziert, dafür Obst und Gemüse häufiger auf den Teller legt und sich regelmäßig sportlich bewegt, braucht sich über ein paar Kartoffeln und den GI seiner Reissorte auf dem Teller keine großen Sorgen zu machen, sondern kann in Ruhe abwarten, zu welchen Schlüssen die Experten letztendlich kommen werden.

Auf der nächsten Seite haben wir Tipps für die Praxis zusammengestellt.


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Zusatzinfos:


Auch dieser Artikel des Verbraucherschutzministeriums beschäftigt sich eingehende und kritisch mit dem "Glyx"
www.was-wir-essen.de
Auf dieser Website gibt es auch sonst tolle Hinweise zur gesunden Ernährung.
Für Kids und Jugendliche: www.talking-food.de
Gesundes Essen muss nicht langweilig schmecken!




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