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Fotoreporter im Verkehr

Sicherheit geht vor Schnappschuss

11.05.2007 - „Viele Tausend Leser haben bereits mitgemacht und ihre schrägsten, verrücktesten und spektakulärsten Fotos geschickt. Wir sind begeistert! Werden auch Sie Leser-Reporter“, wirbt eine große deutsche Boulevard-Zeitung auf ihrer Webseite. „Es ist ganz einfach: Sie machen „klick“ und wir zahlen!“ 500 Euro erhalten Fotoreporter als Belohnung, wenn das Bild abgedruckt wird. Fotohandys und Digitalkameras machen aus Augenzeugen Fotoreporter. Doch im Straßenverkehr muss die Motivjagd Grenzen haben.

Der Tsunami in Südostasien am 26. Dezember 2004 wurde von vielen Touristen mit einer Kamera festgehalten. Ihre Aufnahmen gingen um die Welt. Bilder von Unfällen werden in Zeitungen gerne abgedruckt. Auch auf der Straße nimmt die Zahl der Hobby-Journalisten zu. Ein Autofahrer kommt an einem umgestürzten Lkw vorbei, macht mit dem Fotohandy ein Bild und schickt es an seine Tageszeitung. Am nächsten Tag freut er sich, denn er steht mit Name in der Zeitung und kann sich auch noch über ein Honorar freuen. Schon wird in Reportagen vom „Fotojournalismus als Volkssport“ gesprochen. Dabei verstärkt die Hatz nach dem Schnappschuss noch das ohnehin leidige Problem der Gaffer bei Unfällen. „In der Gegenrichtung vier Kilometer Stau durch Gaffer“, heißt es beinahe täglich nach einem Verkehrsunfall auf der Autobahn.

Verkehrsteilnehmer, die an einen Unfall kommen, haben die Aufgabe, Hilfe zu leisten und die Unfallstelle abzusichern. Der Lockruf des schnell verdienten Geldes und vielleicht noch der regionalen Publicity, weil das Bild mit Namen abgedruckt wird, lassen das aber schnell vergessen. Wer einen „Großbrand, Megastau oder Banküberfall“ beobachtet, solle nicht die Polizei, sondern die Presse alarmieren, so werden von einer anderen Zeitung die Leser aufgefordert, die so an aktuelle Fotos von Großbränden oder schweren Verkehrsunfällen kommen möchte.

Sie wollen mit Honoraren die Leser nicht dazu animieren, den Rettungskräften im Weg zu stehen oder sich selbst in Gefahr zu begeben, erklärt einer der Chefredakteure. Dennoch sehen Medienforscher eine Gefahr in diesen Aufrufen zur Leserbeteiligung. „Im allerschlimmsten Falle kann man sich sogar vorstellen, dass Menschen so verquer denken, dass sie selbst die Unfälle oder Katastrophen erst schaffen, die sie dann ablichten, um damit Geld zu verdienen“, meint Hans J. Kleinsteuber, Professor für Medienwissenschaft.

Gerade Unfallorte sind immer auch Gefahrenpunkte an denen sich leicht noch weitere Unfälle ereignen können. Wer sich als Reporter an einem solchen Ort aufhält, sollte sich also im Klaren sein, dass er damit ein hohes Risiko eingeht und sein Verhalten nicht nur ihn selbst sondern auch andere gefährden kann. Zudem sollte sich jeder fragen, ob er selbst als Unfallbeteiligter überhaupt fotografiert werden möchte. Die Botschaft „Schnelle Hilfe rettete Unfallopfer“ ist immer noch die beste Nachricht – auch ohne Bild.
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