Schneepflug

Winterdienst auf einem Großflughafen

Bahn frei

Schneefall am Stuttgarter Flughafen. Wintereinbrüche bescheren Schneeräumern und Flugzeugenteisern Großkampftage. Zahlreiche Mitarbeiter sorgen dafür, sorgen, dass der Flugverkehr weitgehend ungestört weiterlaufen kann. Damit bei Eis und Schnee überhaupt Flugzeuge starten und landen können, müssen nicht nur Start- und Landebahn, Rollwege und das Vorfeld geräumt, sondern auch die Flugzeuge enteist werden.

Schneepflüge nachts
„Der Winter hört am Flughafen auf“, sagt Wolfgang Stiegeler. Das sei die Erwartungshaltung der Passagiere. Stiegeler ist Wartungsstationsleiter der Lufthansa Technik AG am Stuttgarter Flughafen und muss mit seinem Team dafür sorgen, dass die Flugzeuge eisfrei sind. Seine Mannschaft setzt dafür unter anderem 40 Flugzeugenteiser und acht so genannte Eisbären ein. So heißen die bis zu 600.000 Euro teuren Enteisungs-Sprühfahrzeuge. Tragflächen, Höhen- und Leitwerk der Flugzeuge müssen von Eis und Schnee befreit werden, denn ausreichend Auftrieb bieten nur aerodynamisch saubere Tragflächen. Aber auch das Gewicht spielt eine große Rolle: „Nasser Pappschnee auf den Tragflächen kann tonnenschwer sein“, erklärt Stiegeler. „Der Flieger würde dann gar nicht hochkommen.“

Schneepfug vor Flugzeug
Ähnliches gilt für bis zu 20 Millimeter dicke Eispanzer, so genanntes Klareis, das mit bloßem Auge nur von Experten erkannt wird. Damit Klareis entsteht, sind Temperaturen unter null gar nicht nötig. Wie auf der Straße, wird es auch im Flugbetrieb bei niedrigen Plus-Graden schon gefährlich. „Kritisch wird es schon bei Bodentemperaturen von plus acht Grad Celsius“, sagt Eisexperte Stiegeler. Grund dafür sind in den Tragflügeltanks verbliebene Treibstoffreste. Nach langen Flügen kann sich das Restkerosin auf bis zu 30 Grad unter null abgekühlt haben. Bei Regen oder auch nur bei hoher Luftfeuchtigkeit gefrieren Wassertröpfchen dann blitzschnell auf den eiskalten Tragflächen. Deshalb reicht es auch nicht aus, die Flügel mit heißem Wasser abzuspritzen. Es würde rasch abkühlen und auf der Tragfläche bald eine neue Eisschicht bilden. Schutz vor Wiedervereisung der Flugzeuge bietet ein 85 Grad heißes Gemisch aus Wasser und Enteisungsmittel, das vor allem aus biologisch vollständig abbaubarem Glykol-Alkohol besteht, ähnlich dem Frostschutzmittel in Autokühlern.

Flugzeugenteisung
Hier wird ein Flugzeug enteist
Auch beim Räumdienst muss alles gut koordiniert sein. Wenn es anfängt zu schneien, soll alles ganz schnell und reibungslos gehen. Allein um die 3.345 Meter lange Start- und Landebahn zu räumen, sind 18 Winterdienstfahrzeuge gleichzeitig im Einsatz. „Da kann nicht jeder fahren, wie er will“, erläutert Rudolf Brunner, einer von sechs Einsatzleitern des Winterdienstes am Stuttgarter Flughafen. V-förmig, wie ein Zugvogelschwarm, fahren die Räumpflüge mit Tempo 35 versetzt hintereinander und bahnen sich ihren Weg. Sie schieben den Schnee auf 50 Meter Breite nach links und rechts von der Piste. Zwei Schneeschleudern am Bahnrand katapultieren die aufgetürmten Schneewälle seitlich in die Grünflächen. Zwei Multi-Enteiser sprühen Glykol-Alkohol und streuen Sand auf die Bahn. Salz darf nicht gestreut werden, der Umwelt zuliebe und weil Salz die empfindliche Außenhaut der Flugzeuge schädigen würde.

Im Schnitt der vergangenen Jahre musste der Winterdienst knapp 30 Mal pro Saison ausrücken. Damit das Fahren im Verband im Ernstfall klappt, werden am Stuttgarter Flughafen bereits seit Oktober „die Räumablaufpläne durchexerziert“, so Brunner. 150 Personen gehören zum Winterdienst am Stuttgarter Flughafen. Eingeteilt in drei Gruppen à 50 Mann ist immer eine Gruppe im Dienst. Wenn es länger schneit, werden zur Ablösung aber auch noch Mitarbeiter der beiden anderen Gruppen aus der Freizeit geholt.

Schneeberg und Bagger
Meist aber kommen witterungsbedingte Unbilden nicht völlig überraschend, sondern werden von den 14 Sensoren des Glatteisfrühwarnsystems angekündigt oder vom Assistenten vom Dienst, der die Verkehrsflächen des Flughafens bei kritischer Wetterlage regelmäßig mit dem Skiddometer abfährt, einem Gerät, das die Griffigkeit beziehungsweise Schlüpfrigkeit der Piste misst. Überfrierende Nässe wird mit dem Skiddometer schon in einem frühen Stadium erkannt. Rückt das Räumkommando in großer Besetzung aus, ist die Landebahn selbst bei zehn Zentimeter Schneebelag in gerade einmal einer Viertelstunde wieder startklar.
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